Ich kann das nicht. Ich bin nicht der Typ dafür.
Ich kann mich nicht auf einen Berg setzen und nichts denken. Das können Mönche in Thailand, ich nicht. Ich habe einen Job, Kinder, ich denke immer so viel und ich muss noch Brot kaufen, ich hab echt Anderes zu tun. Ich weiß, ich hab auch echt viel zu tun. Aber trotzdem sage ich: meditiert! Das ist einfach der krasseste Gamechanger den es gibt auf der Welt.
Ich bin wahnsinnig aufgedreht, ich rede viel, ich bin laut, ich hab ständig Geballer im Kopf. Und genau deswegen hat mir meditieren den Arsch gerettet und tut es jeden Tag.
Wenn ihr denkt: ich fühle zu viel, ich bin so traurig, ich habe Angst, ich hasse die Welt, ich habe Liebeskummer oder ich mache mir Sorgen: meditiert. Es ist keine Wunderpille, es ist keine Droge, es ist eine Praxis. Genauso wie man bestimmte Übungen macht, wenn man verspannt ist, wenn man einen Bandscheibenvorfall hat oder einen Unfall hatte. Die Übung für die Seele ist meditieren. Sportler trainieren, Musiker proben, Maler üben. Meditieren ist nicht etwas, das man kann oder eben nicht. Niemand würde eine Geige in die Hand nehmen und erwarten, perfekt spielen zu können. Wenn ich Geige spielen will, muss ich Geige spielen üben. Genau so ist es mit dem Meditieren.
Egal, welches Problem ihr habt, meditieren hilft. Kein Scherz.
Aber was ist meditieren überhaupt? Brauche ich einen Berg? Muss ich in Asien sein? Nein. Meditieren ist eigentlich alles, was mit Einatmen und Ausatmen zu tun hat.
Professor Dr. Peter Sedlmeier beschäftigt sich seit gut 20 Jahren mit dem Thema Meditation, er ist an der technischen Universität Chemnitz Professor am Institut für Psychologie und Autor des Buches “Die Kraft der Meditation” und er sagt, dass es – laut seiner Studie – 309 verschiedene Techniken gibt, zu meditieren.
Mit ihm spreche ich in “Kopf über Herz – der wissenschaftliche Beziehungsratgeber” bei Audible darüber, was meditieren heißt, wie es geht und warum es gut für uns ist.
Außerdem gehts im Podcast “Achtsam” von Deutschlandfunk Nova darum, welche Möglichkeiten es gibt, zu meditieren und warum es das machtvollste Instrument der Achtsamkeit ist. Da spreche ich mit der Psychologin und Verhaltenstherapeutin Main Huong Nguyen.
Es gibt also mehr Möglichkeiten zu meditieren, als es Möglichkeiten gibt, seinen Burger zu essen. Vegan, glutenfrei, ohne Tomaten, mit Käse, Beef, mit Guacamole oder ohne Zwiebeln.
Viele glauben, auf der einen Seite sind die, die meditieren können, weil sie eben einfach entspannte Menschen sind und auf der anderen Seite sind die, die das eben einfach nicht können, weil sie eben einfach stressige Menschen sind. Das ist ganz großer Quatsch und hindert uns im schlimmsten Fall daran, es einfach mal zu versuchen. Denn gerade stressige Menschen sollten natürlich meditieren. Wenn ich sowieso total entspannt bin, brauche ich das ja nicht. Abgesehen davon, sind wir alle stressige Menschen. Wir haben WhatsApp, Telegram, Signal, Facebook, Instagram, TikTok, Twitch, YouTube, Jobs, Kinder, Pushbenachrichtigungen, müssen Essen kochen, Klos putzen, Emails beantworten, Nachrichten lesen, Wäsche waschen und Fingernägel schneiden. Wir alle haben nicht nur viel zu tun, sondern sorgen mit unserem Smartphone-Verhalten auch noch dafür, dass unser Gehirn permanent im Alarmmodus ist. Warum hat er nicht geantwortet? Warum sind da keine blauen Häkchen? Wie viele Menschen haben mein Katzenvideo geliked? Wer hat meine Instastory gesehen? Wir sorgen dafür dass wir nonstop auf Adrenalin sind, obwohl da gar kein Säbelzahntiger ist, den es zu bekämpfen gibt. Wir stressen uns selbst für NICHTS!
Jetzt ist natürlich die Frage: „Warum soll ich mich jetzt noch mehr stressen und meditieren lernen? Das ist ja wieder was, für das ich mir Zeit nehmen muss.“ Ja, aber genauso wie wir die Wahl haben, unser Geld in Appelkorn oder Aktien anzulegen, so haben wir natürlich auch die Wahl, wie wir unsere Zeit anlegen. Ich gebe zu: am, Anfang ist Meditieren Stress. Genauso wie es stressig ist, Zeit für Sport frei zu schaufeln, sich zu überlegen, was man denn jetzt Gesundes isst, statt der Pizza bei Ditsch.
Wir alle brauchen ein starkes “Warum”, sonst machen wir es nicht. Logisch. Also, wozu meditieren?
- Meditieren ist gut für eure geistige Gesundheit
- Meditieren erhöht die Energie
- Meditieren macht achtsamer im Alltag
- sorgt für besseren Schlaf
- hilft gegen Stress
- macht generell fröhlicher
- sorgt für besseren Sex
- hilft gegen Angst
- hilft gegen Schmerzen
- lässt euch dankbarer werden
- erhöht die Konzentration
- erhöht Mitgefühl
- Verbessert das Erinnerungsvermögen
- Verbessert die Verdauung
- Stärkt das Immunsystem
- Lässt uns besser mit unangenehmen Gefühlen umgehen
- Lässt uns besser mit blöden Gedanken umgehen
- sorgt dafür, dass wir uns selbst nicht so ernst nehmen
- erhöht das Selbstbewusstsein
- macht uns geistig stark
- macht uns kreativer
Es gibt also genug Gründe zu meditieren und jeden einzelnen aus dieser Liste kann ich persönlich betätigen. Mein Leben ist so unfassbar viel besser als vorher, seit ich meditiere. Und zwar jeden Tag.
Also: WIE machen wir es?
Ich habe mich als Versager gefühlt, weil ich eben genau nicht aufhören konnte irgendetwas zu denken. Ich habe gedacht: ich will einen Kaffee, ich denke die ganze Zeit, mir ist langweilig, ich kann das nicht, ich bin nicht der Typ dafür, ich will mich bewegen, ich mache das falsch, meine Nase juckt, mir ist langweilig, was soll das, meine Beine schlafen ein, boah, ist das öde!
Ich brauchte Hilfe beim Meditieren.
Der nächste Schritt für mich waren geführte Meditationen. Es gibt welche auf CD im Buchhandel, bei Spotify, bei Audible, bei meinem Podcast “Achtsam” von Deutschlandfunk Nova, es gibt welche von Laura Malina Seiler, Christian Bischoff, es gibt Bücher, online Seminare, Hörbücher oder Apps wie Headspace oder Insight Timer. Die Welt ist voll von geführten Meditationen und alle helfen uns weiter. Da sind Stimmen, die uns sagen: atme ein und atme aus und wenn Du jetzt was denkst, dann ist das normal. Du bist kein Loser deswegen und kein Versager, Dein Gehirn tut, was es tut. Sieh Dir den Gedanken an, es ist normal, dass er da ist und dann lass ihn los.
Es gibt Meditationen zu bestimmten Themen (Vergebung, Einschlafen, Liebende Güte, Großzügigkeit, Selbstliebe, Dankbarkeit, Entspannung, Stille) und es gibt Meditationen mit Musik. Probiert es aus, experimentiert, macht was euch gut tut. Ich finde es wunderbar, wenn mir jemand sagt: lass Deine Gedanken los, lass sie vorbeifliegen wie Wolken am Himmel.
Meditation ist ein Abenteuer, eine Reise, es macht Spaß Neues zu entdecken. Manche Meditationen sind blöd, bei manchen gefällt uns die Stimme nicht oder die Musik. Auch das ist normal. Wenn uns ein Konzert nicht gefallen hat, gehen wir ja auch nicht raus und stellen das Konzept „Musik“ generell in Frage.
Ihr könnt euch mit Anderen treffen (wenn Corona es zulässt) und zu Meditations-Workshops gehen, ihr könnt es online versuchen, es gibt Youtube-Anleitungen, ihr könnt Bücher darüber lesen und Podcasts hören. Inspirationen sind überall.
Meditation macht glücklich. Safe.
Mehr Informationen, Studien und Ideen gibts hier bei Kopf über Herz – der wissenschaftliche Beziehungsratgeber und bei Achtsam von Deutschlandfunk Nova. Hört gerne mal rein, ich freu mich.
Wer sogar noch einen Schritt weiter gehen kann und nicht zurückschreckt erkundigt sich hier.
Wenn Ihr Fragen habt, euch austauschen wollt, Inspirationen oder Ideen habt, immer her damit: kontakt@dianehielscher.de
Hier noch mehr Inspiration, wie immer, selbst gelesen und für gut befunden: