Wir haben 2018 so viel Verpackungsmüll produziert wie noch nie.
18,9 Millionen Kilo insgesamt. Das sind mehr als 200 Kilo pro Kopf und Jahr. Diese Zahlen kommen aktuell vom Umweltbundesamt.
Die Meere sind voll davon, die Möwen, die Meeresbewohner und wir. Wir essen etwa eine Kreditkarte Plastik pro Woche.
Es muss einfach weniger werden. Dringend! Weniger und anders.
Weniger Plastik und gleichzeitig auch anderes Plastik. Denn ganz verzichten auf Plastik, das funktioniert nicht.
Zum Thema Bioplastik hat‘s in letzten Zeit einige ziemlich unterschiedliche Informationen zu gegeben wie gut oder sinnvoll das jetzt ist. Und das schon mal vorweg: eine wirklich eindeutige Antwort habe ich nicht. Ja, aber. Wie immer.
Bioplastik bedeutet, das Plastik wird nicht aus Erdöl hergestellt, wie das normale Plastik, sondern aus nachwachsenden Stoffen. Wie zum Beispiel Maisstärke.
Und da sind wir schon bei den ersten beiden Probleme, die auch viele Umweltverbände mit Bio-Plastik haben. Wenn Mais für Plastik angepflanzt wird, dann fehlen diese Flächen für Nahrungsmittel. Und es ist häufig genmanipulierter Mais, der für die Produktion von Bioplastik benutzt wird. Man kann Bioplastik allerdings auch aus Holzabfällen machen zum Beispiel oder aus Restprodukten der Saft- oder Weinherstellung.
Bis zu tausend verschieden chemische Substanzen können auch in einen Bioplastik drin sein. Übrigens auch in Plastiktüten auf denen „kompostierbar“ drauf steht. Und wenn wir die auf den Kompost werfen, landen so auch potentiell giftige Stoffe im Boden.
Trotzdem: er verrottet überhaupt! Wir haben mit Erdöl-Plastik einen Stoff geschaffen der locker 100 Jahre übersteht oder länger. Und das ist völlig übertrieben. Bioplastik fängt je nach Zusammensetzung nach nem halben Jahr oder nem Jahr an zu verrotten. Und reicht für die meisten Lebensmittel zum Beispiel völlig aus.
Aber: you live, you learn. Ich habe Marieluise Lang vom SKZ, dem Kunststoffzentrum in Würzburg gefragt. Dort wird Grundlagenforschung zum Thema Kunststoffe betrieben.
Welche Arten von Bioplastik sind derzeit auf dem Markt?
Generell gibt es mittlerweile eine ganze Bandbreite von Biokunststoffen wie Polymilchsäure (PLA), Thermoplastische Polyester wie PHB, TPS/Stärkeblends und Celluloseacetate die auf dem Markt schon für bestimmte Anwendungen etabliert sind. Dazu gibt es momentan spannende Forschungsthemen wie Polyethylenfuranoat (PEF) das als der „Bio-Ersatz“ für PET, welches ja in Flaschen verwendet wird, gehandelt wird. Aber auch „Drop-In“ Biokunststoffe wie Bio-PE oder Bio-PA sind auf dem Markt erhältlich. Der große Begriff “Biokunststoff” unterteilt sich außerdem noch bezüglich der Herkunft -> biologisch gewonnene, nachwachsende Rohstoffe oder rohölbasiert und bezüglich der Abbaubarkeit -> biologisch abbaubar oder nicht abbaubar.
Gegen Bioplastik aus Maisstärke spricht, dass dann der „Plastik-Mais“ den Nahrungsmitteln die Anbaufläche wegnimmt. Was gibt’s da für Alternativen?
Die Diskussion „Teller oder Tank“ wird ja schon seit vielen Jahren geführt und kann nicht nur auf Biokunststoff heruntergebrochen werden. Generell nimmt der Anbau von Energiepflanzen zu, was vielfältige Gründe hat, angefangen bei der Agrarförderung durch die EU.
Um aber auf die Thematik Bioplastik aus Maisstärke zurückzukommen: Es gibt Modellrechnungen vom IfBB in Hannover die aufgestellt haben wie hoch die Flächennutzung für die jährliche Biokunststoff-Herstellung (bezogen auf 2017) war. Demzufolge wurden deutlich weniger als 0,1 % des weltweiten Ackerlandes für Biokunststoffe eingesetzt. Selbst wenn alle erdölbasierten Kunststoffe auf Bio umgestellt würden wären weniger als 5 % des weltweiten Ackerlandes dafür nötig.
Nur zum Vergleich noch eine Zahl zu Stärke, die sowohl für Lebensmittel, Kunststoffe, Pharmazie, Papier und vieles mehr eingesetzt wird und aus Kartoffeln, Getreide oder Mais gewonnen wird: 29 % der gesamten jährlich produzierten Stärkemenge geht als Zusatzstoff in Papier und Kartonagenanwendungen. Der Anteil der in Kunststoffanwendungen geht wird nicht mal aufgeschlüsselt und verschwindet unter „Sonstigem“.
Unabhängig davon versucht aber die Kunststoffbranche immer besser zu werden und so wird an vielen unterschiedlichen Varianten geforscht künftig aus Reststoffen Biokunststoffe zu machen. Beispiele sind hier die Verwendung von Chicorée-Wurzeln, Algen, Federn oder Holzbestandteilen wie Lignin die im besten Sinne der Bioökonomie zu neuen innovativen Biokunststoffen werden.
Ich bin daher fest überzeugt dass in den nächsten Jahren weitere tolle ressourcenschonende Varianten auf den Markt kommen werden.
Was heißt bei Bioplastik eigentlich „kompostierbar“? Verschwindet das und macht sich in der Erde nützlich, wie eine Bananenschale, die ja auch kompostierbar ist?
Die Kompostierung bei Biokunststoffen ist schon mehr als 20 Jahre ein kontrovers diskutiertes Thema. Zur eigentlichen Frage: Ja, richtig kompostiert zerfällt Bioplastik wie eine Bananenschale. Allerdings muss es hierzu DIN-Normen erfüllen, die bei der industriellen Kompostierung aber nicht erfüllt werden. Daher möchten manche Länder (u.a. Deutschland) keine kompostierbaren Müllbeutel in der Braunen Tonne haben.
Man muss aber auch sehen dass der Biokunststoff produziert werden muss. Es wäre also naheliegender wenn dieser nach Anwendung in den Kreislauf geht und wiederverwendet wird. Bei einer Kompostierung habe ich stattdessen die Vernichtung eines wertvollen Rohstoffs. Recycling wäre hier also oft die bessere Alternative.
Es gibt also keine pauschale Antwort auf diese Frage – aber viele Möglichkeiten es besser zu machen als heute.
Bis zu tausend verschiedene chemische Substanzen können auch in Bioplastik drin sein – das heißt, wir machen uns da direkt das nächste Problem?
Hier handelt es sich um die Additive die dem Kunststoff zugesetzt werden um beispielsweise die Verarbeitbarkeit zu verbessern / zu erhöhen oder die Eigenschaften zu verbessern. Oder man möchte einfach Farbe ins Spiel bringen. In der Tat gibt es hier sehr viele verschiedene Substanzen und nicht alle sind gesund. Aber auch hier gibt es Ansätze wie die Vielfalt der Biobasierten Additive zu erhöhen, Einschränkungen bei der Verwendung bestimmter Additive und Regularien auf Bundes- und EU-Ebene.
Wie entsorgen aktuell andere Ländern Bioplastik und können wir was von denen lernen?
Teilweise erfolgt in anderen Ländern wie Österreich die Entsorgung über den Kompost. Generell sollte man aber zum jetzigen Zeitpunkt das Recycling aller, auch der petrobasierten Kunststoffe, betrachten und vorantreiben. Hier gibt es gute Lösungen die aber noch lange nicht in allen Ländern angekommen sind. Ein Erfolgsbeispiel sehe ich beim Recycling von PET-Flaschen, wo die Schweiz Vorreiterin zu sein scheint – das kann erstens ausgeweitet werden und es gibt auch andere Produkte die man auf diese Weise sammeln könnte.
Was müsste sich also bei der Entsorgung hier in Deutschland schnellstens ändern?
Die Konzepte sind längst da – es scheitert, wie so oft, am Preis. Ein Recycling-PP das Sie auf dem Markt kaufen können ist teilweise teurer als Neuware. Das liegt auch am niedrigen Rohölpreis. So lange es hier keine stärkeren Regularien gibt Recyclingware einzusetzen sind die Möglichkeiten begrenzt. Aber vielleicht ändert sich hier einiges mit der Einführung der „Plastiksteuer“ im nächsten Jahr. Sie könnte genau diese wirtschaftlichen Nachteile zugunsten des Recyclings verschieben.
Welche – besseren – Möglichkeiten gibt’s bei Bioplastik noch und in welche Richtung geht da die aktuelle Forschung?
Generell ist die Forschung vielfältig. Rezepturen müssen optimiert, die Langzeitbeständigkeit erhöht werden. Damit wird die Bandbreite der Möglichkeiten zum Einsatz größer und der Werkstoff attraktiver. Und so auch die Möglichkeiten zur Rückgewinnung und einem echten Materialkreislauf. Am liebsten setzen wir Kunststoffe “cradle to cradle” ein, also vom Rohstoff angefangen wieder zum Rohstoff. Im Bereich der Industrie geht das schon sehr gut, weil die Stoffströme genau bekannt sind. Bei Produkten, die im freien Markt sind, wissen wir nie genau, welche Geschichte sie mitbringen; dann sind sie oft für die Wiederverwendung verloren.
Danke Marieluise Lang vom SKZ, dem Kunstoff-Zentrum. Hier wird an neuen Plastikarten geforscht. Es gibt keine einfachen Wege, NOCH keine perfekten Lösungen, aber gute Ideen. Plastik aus Chicorée-Wurzeln. Mega!
Wie man als Frau Business macht und sich wie einige Frauen in diesem Artikel der Welt von Geld und Macht stellt lest ihr hier.