Es sind die Geschichten, die wir uns erzählen. Ob wir es als Menschheit schaffen oder alles zu Klump hauen, liegt daran, was wir uns gegenseitig über die Welt erzählen. 

Was wir Menschen jetzt dringend brauchen, sind die richtigen Geschichten. Die Erde wird heißer, wir müssen lernen mit Überschwemmungen, Dürren, Hitze, überfischten Meeren und steigenden Depressionszahlen umzugehen – wir müssen in dieser neuen Welt neu denken, wenn wir überleben wollen. Der Psychologe Adam Grant schreibt in seinem Buch “Think again – die Kraft des flexiblen Denkens”: 

“Psychologen haben festgestellt, dass Menschen die Existenz eines Problems ignorieren, wenn ihnen die Lösung nicht gefällt.” 

Bis jetzt heißen die Lösungen, die wir Menschen uns gegenseitig präsentieren:

Mangel, Einschränkungen, Fleischverzicht, Wasser abstellen, Verbote, Hilflosigkeit, Angst. 

Deswegen ignorieren oder leugnen wir unsere Probleme oder verharren in Tatenlosigkeit. Wir beschuldigen und beschimpfen uns, wir führen Kriege und verschmutzen die Weltmeere – weil wir uns die falschen Geschichten erzählen. Es sind Geschichten über Mangel, Konkurrenz, Gier und Geiz.

Kein Wunder also, dass viele Menschen sagen: “Ach, das mit dem Klimawandel ist schon nicht so schlimm.” Damit sie weiterleben können wie immer und weil wir alle keinen Bock darauf haben, dass uns immer jemand sagt, was wir zu tun und zu lassen haben.  

Das nennt man in der Psychologie übrigens Reaktanz, das ist der Widerstand gegen Verbote. Wir Menschen wollen nicht, dass uns jemand etwas verbietet, auch wenn es Sinn ergibt. 

“Nein, nein, nein, ich will machen, was ich will! Du kannst mir gar nichts sagen!” Und so kann jeder seine Widerstand zeigen, indem er große Mengen Fleisch isst, mit 250 km/h über die Autobahn rast, Kohlestrom bezieht und den Tankrabatt feiert. 

Einfach, weil uns die Lösungen nicht gefallen, die wir uns gegenseitig kredenzen. Die meisten Lösungen, die im Fernsehen und im Bundestag besprochen werden sind Verbote. 

Dabei gibt es bereits Visionen, Ideen, Lösungen und Inspirationen auf der Welt. 

Es gibt Roboter, die Müll aus dem Meer sammeln, biologisch abbaubare Kunststoffe, Burger Patties aus Erbsenprotein, die besser als Rind schmecken, Häuser aus Müll, die sich völlig autark aufwärmen und abkühlen, es gibt kleine Windkraftanlagen für unterwegs und Drohnen, die Bäume pflanzen. 

Warum höre ich in den Diskussionen im Fernsehen ein ewiges Nörgeln, Jammern und Heulen und nicht all diese Geschichten? Warum müssen wir uns jeden Abend zur besten Sendezeit anhören, wer wem wieder was verbieten will? 

Warum ist es völlig normal für uns, über Mangel und Hass zu sprechen, aber nicht über Ideen und Visionen? Der Autor Florian Hoffmann hat solche Geschichten in seinem Buch “Die neue Welt” zusammen getragen, er erzählt Geschichten von Menschen, die mit ihren Ideen die Welt besser machen.

Der Psychologe und Bestsellerautor Shawn Achor schreibt in seinem Buch “Das Happiness Prinzip”: 

“In den Nachrichten wird größtenteils über Unfälle, Korruption, Mord oder Mißhandlung berichtet. Unser Gehirn nimmt durch solchen Fokus aufs Negative dieses traurige Verhältnis als Realität wahr und glaubt, dass das Leben überwiegend negativ verläuft.” 

Und das wirklich Schlimme ist, wenn wir das glauben, verhalten wir uns auch genau so und erschaffen damit erst das, wovor wir Angst haben.

Achor schreibt weiter: “Die Struktur des Gehirns handelt danach, was wir als nächstes prognostizieren – Psychologen nennen diesen Vorgang “Erwartungstheorie” Dr. Marcel Kinsbourne, Neurowissenschaftler an der New School for social Research in New York, erklärt, dass unsere Erwartungen Hirnmuster bilden, die ebenso echt sein könnten wie diejenigen, die durch die Ereignisse in der Wirklichkeit gebildet werden. Anders gesagt, setzt die Erwartung eines Ereignisses die gleiche Gruppe Neuronen frei, als würde das Ereignis tatsächlich stattfinden und löst damit eine Kette von Ereignissen im Nervensystem aus, die zu einer ganzen Reihe realer, körperlicher Folgen führt.” 

Ich habe in meinem Buch “Liebe neu denken” bereits darüber geschrieben, dass unsere Gedanken die Welt um uns herum verändern und das gilt nicht nur für die Liebe und unsere Beziehungen, sondern für alles! 

Je nachdem, was wir denken, stärken oder schwächen wir unsere Immunsystem, erhöhen und verringern die Wahrscheinlichkeit eines Herzinfarktes, beschränken unser Potenzial oder geben uns Energie und Kraft. 

Carol Dweck hat es in einem meiner Lieblingsbücher “Selbstbild” ausführlich wissenschaftlich belegt, dass unser Denken über uns selbst und die Welt in der wir leben bestimmt, wie erfolgreich und glücklich wir werden. 

Und genauso geschieht es uns gerade mit der Welt. Wir sehen Leid, Hitze, Mangel, Verbote und Krieg, erwarten, dass das die einzige Realität ist und erschaffen so noch mehr davon. 

Energie folgt Fokus. Wenn sich immer mehr Menschen auf der Welt mit Lösungen und Ideen beschäftigen würden, wäre die Welt eine andere. 

Ich sage nicht, dass das was in den Nachrichten gezeigt wird nicht stimmt, nichts liegt mir ferner! Ich sage nur, dass das 

  1. nicht alles ist, was auf der Welt passiert und 
  2. wir den Umgang mit dem, was gerade passiert ändern müssen. 

Wenn wir endlich damit anfangen, uns gegenseitig andere Geschichten zu erzählen, werden unsere Kinder in Lösungen und nicht in Problemen denken. 

Klimafreundlich zu leben bedeutet übrigens gar nicht Verzicht, das ist nur das, was wir uns aktuell erzählen.

Eine Studie vom Berliner Klimaforschungsinstitut MCC hat für über 300 verschiedene Bereiche des Lebens untersucht, wie Klimaschutz und Lebensqualität zusammenhängen und was sich an Emissionen einsparen lässt.

Das Ergebnis: Der Effekt auf die Lebensqualität ist zu 79 Prozent positiv, zu 18 Prozent neutral und nur zu 3 Prozent problematisch. Als Beispiel: Wer sich eher fleischfrei ernährt, hat eine höhere Lebenserwartung; werden Kohle und Öl ersetzt, verbessert sich die Luftqualität und auch der soziale Zusammenhalt kann sich laut den Forschenden in klimafreundlichen Städten verstärken. Sie sagen: Wenn wir energieeffizient wohnen, essen und reisen, steigt die Lebensqualität.

Wir müssen nicht auf Kohleenergie “verzichten”, wir DÜRFEN! Unser Leben wird Schöner, gesünder und besser! Eine autofreie Innenstadt bedeutet nicht Verzicht auf Mobilität, sondern Chancen, neue Arten zu finden, wie wir unser Holz aus dem Baumarkt holen können. Besserer Personennahverkehr, Lastenräder und Transporter zum Mieten und wer weiß, was uns noch alles Geiles einfällt, um durch die Gegend zu flitzen. Das Ergebnis sind Orte, an denen wir uns gemeinsam aufhalten können, Parks, Plätze und mehr Platz für Cafés, weniger Platz, der mit Blechkisten vollgestellt ist. Lebensqualität. 

Ein Mehr an Gemeinschaft wiederum minimiert die Depressionen, die – gerade in der westlichen Welt – grassieren. Über fünf Millionen Menschen in Deutschland leiden daran. Dass auch unsere Vereinsamung mit daran Schuld ist, beschreibt der Journalist Johann Hari, der selbst an Depressionen erkrankte, eindrucksvoll in seinem Buch “Der Welt nicht mehr verbunden”. 

Wenn wir nicht anfangen, uns radikal andere Geschichten zu erzählen, werden wir immer kränker, wir lernen Hilflosigkeit und der Zustand der Erde wird sich weiter verschlechtern. 

“Wenn unser Gehirn laufend das Positive sucht und sich darauf fokussiert, profitieren wir mit Glück, Dankbarkeit und Optimismus von den drei bedeutsamsten Instrumenten, die uns zur Verfügung stehen.” schreibt Shawn Achor in “Das Happiness Prinzip”.

Wir können selbst unser Glück trainieren, indem wir nach Lösungen und guten Ideen schürfen, Neues lernen, um Großes zu erfinden. Jeder und jede von uns kann das. 

Wie genau wir mit Neuroplastizität unser Gehirn trainieren können, lest Ihr ausführlich in meinem Buch “Liebe neu denken”.